Schuljahr 1946/1947

Ein Ausschnitt aus dem Schuljahr 1946/47 :
 
In der Zeit vom 7.X.1946 bis 12.X.1946 wurde an allen Schulen Österreichs eine Österreichwoche (950 Jahre Österreich) abgehalten. Die Feier wurde gemeinsam mit den Schülern der Volksschule Breitenau veranstaltet. Die Festlichkeiten begannen am Mittwoch, den 9.X.1946 mit einer heimatkundlichen Wanderung nach Pitten zum Schloss, über Brunn und die Linsberger Au zurück nach Schwarzau. Donnerstag abends war eine Feierstunde im Gasthaus Grabenweger unter dem Leitspruch: „Ein Streifzug durch die Bundesländer unserer Heimat.“ Es wurde von jedem Bundesland ein Gedicht aufgesagt und ein Volkslied gesungen. Die Feier war gut besucht und fand großen Gefallen. Auch Vertreter des Ortsschulrates waren anwesend. Freitag abends war dieselbe Feier in Breitenau. Freitag Vormittag fanden Wettspiele zwischen den Schülern der Volksschule Breitenau und denen der Volksschule Schwarzau im Fußballspiel, Stafettenlauf, Völkerball der Oberstufe Knaben, Stafettenlauf der Unterstufe Knaben, Ball über die Schnur und Verdrängen der Mädchen statt. Bei allen Wettspielen, mit Ausnahme des Fußballspiels, gingen die Schwarzauer Schüler als Sieger hervor.
Auf Grund der schlechten Ernährungslage hat der Ortsschulrat Schwarzau am Steinfeld beschlossen, eine Schülerausspeisung durchzuführen. Diese begann am 14.X.1946. Kochstelle und Ausspeisungsraum sind im Gasthaus Grabenweger untergebracht. Teilnehmerzahl der Schüler durchschnittlich 65; Leiter und Buchführer der Ausspeisung ist Herr Engelbert Reiterer; die Köchinnen sind Frau Leopoldine Augustin und Frau Seraphine Gurka. Der Gesamtbetrag an Ausgaben war 2.105,35 S, Einnahmen von Schülern 1.330,50 S. Der Restbetrag von 774,85 S wurde zum Teil durch Zuschuss von der Gemeinde, zum Teil von einer für die Ausspeisung veranstaltete Sammlung, gedeckt. Die Kinder zahlten wöchentlich 1 S. Die Aufsicht beim Essen hatte der Lehrkörper.
 
Dieser Ausschnitt aus dem Schuljahr 1946/47 stammt von der prov. Leiterin Wilma Kotzmann.
 
Dass sich die Schule immer auch an humanitären Aktionen spontan beteiligt hat, zeigen z.B. Aufzeichnungen aus dem Jänner 1954. Die beiden Briefe, die damals zwischen den Direktionen der Volksschule Schwarzau und der Volksschule Blons (in Vorarlberg) gewechselt wurden, werden hier vollinhaltlich wiedergegeben. Der Brief des Schwarzauer Schuldirektors Anton Rehberger vom 18.1.1954 hatte folgenden Inhalt:
 
            Sehr geehrter Herr Kollege!
Nach dem Bekannt werden der großen Lawinenkatastrophe, die auch ihren Wirkungsort so schwer getroffen hat, wollten auch wir in der Liste der Helfer und Spender nicht fehlen. Auf ausdrücklichen Wunsch der Kinder soll das Sammelergebnis Kindern von Blons zugewendet werden, die das Schicksal schwer heimgesucht hat. Als Leiter der Schule schließe ich mich dem Wunsche unserer Kinder gerne an und ersuche Sie, den von uns überwiesenen Geldbetrag von S 1.260,-- (eintausendzweihundertsechzig) zu übernehmen. Sie werden gebeten, den Betrag von S 420,-- an je drei Kinder zu vergeben, die nach Ihrer Meinung am schwersten gelitten haben und am bedürftigsten sind.
Die Kinder hegen weiter den Wunsch, dass Sie uns dann die Namen der drei Kinder bekannt geben. Ich selbst bin von dem Sammelergebnis in unserer Gemeinde durch die Kinder überrascht, weil wir in einer durchaus armen Gemeinde daheim sind. Steinfeldboden und Arbeitslosigkeit sind unser meistes.
Mit dem Wunsche, dass wir Ihnen helfen können das Leid etwas zu mildern, mögen Sie den Geldbetrag an die Kinder bzw. Eltern weitergeben.
 
                                                           Mit kollegialen Grüßen
                                                           zeichnet für die Leitung
                                                           Anton Rehberger
                                                           Volksschuldirektor
 
Das Antwortschreiben der Schulleitung in Blons stammt vom 25.1.1954.
 
            Sehr geehrter Herr Kollege!
Im Namen der Schule und der beteilten Kinder möchte ich Ihnen und vor allem den hilfsbereiten Kindern ein herzliches „Vergeltsgott“ sagen. Hat die Lawinenkatastrophe unser Dorf auch äußerst hart getroffen (50 Tote und noch 7 Vermisste von insgesamt 367 Einwohnern), so ist es für uns ein tröstendes Gefühl, dass wir in unserem Leide nicht allein sind, was ja gerade die Kinder Ihrer Schule bewiesen haben. Der große Betrag von S 1.260.-- wird an folgende Kinder ausgefolgt:
Elfriede Jenny Nr. 46 (Gehöft zerstört, Mutter schwer verletzt, ein Bruder tot, Familie zählt noch 10 Köpfe, alle obdachlos, zwei kleinere Geschwister hat die Lawine ebenfalls 150 m bergab gerissen, wo sie Gott sei Dank wieder heil aufstehen konnten);
Erich Müller Nr. 47 (war selbst zweimal in der Lawine - hat den Vater und drei Brüder und seine Heimat verloren - eine Schwester wurde erst nach 50 Stunden lebend aus dem Schneegrab geborgen - Erich selbst ist auch verletzt);
Friedbert Müller Nr. 18 (Haus und Hof zerstört, einen Bruder verloren).
 
Sie sehen also, dass nur würdige Kinder Ihre hochherzige Spende erhalten. Ich kann mir vorstellen welche Freude dies auslösen wird. Aber größer und tiefer mag in diesen Herzen der Eindruck der spontanen Hilfsbereitschaft sein. Wir fühlen uns nicht verlassen und dafür danken wir auch den Schülern von Schwarzau und unsere Schulchronik soll noch nach Dezennien den Nachkommen vom großen Unglück aber auch von der weltweiten Hilfe erzählen, also auch von Ihnen. Etwa in 14 Tagen werden wir den Schulbetrieb wieder eröffnen. Allerdings ist die Zahl der Kinder sehr zusammengeschmolzen, denn von 33 Schülern unserer einklassigen Volksschule werden es nur noch ein Dutzend sein. Vier sind tot, die anderen in alle Winde zerstreut. Es wird ein schweres und trauriges Beginnen sein. Die Zeit wird alle Wunden heilen und die Zukunft wird wieder die Sonne scheinen lassen. Auch meine Kinder sind in Bregenz und Sulz zerstreut, weil ja auch mein neues Heim restlos zerstört ist. Gott sei Dank sind wir einige Stunden vorher ausgezogen und alle heil geblieben (5 Kinder). Ich will und darf daher nicht klagen, obwohl all mein Fleiß und vor allem die vielen heimatkundlichen Arbeiten - darunter etwa 400 Maschinenschreibseiten Manuskripte für ein neues, sagen wir besser für das erste Walserbuch - verloren gegangen sind.
Bei der Übergabe der Geldspende werde ich auch die Kinder bitten, dass sie noch persönlich ihren Dank übermitteln. Nochmals ein herzliches Vergeltsgott! Ihnen und Ihren Kindern aber alles Gute und recht viel Erfolg in der Schule.
 
                                                           Es zeichnet mit koll. Gruß
                                                                   Eugen Dobler
                                                               Volksschuldirektor
 

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